Eingeladen ist eingeladen, das hat man bei uns unter Freunden immer gesagt. Im Klartext hieß das, es wurden auch Sonderwünsche erfüllt. Man konnte die Einladung richtig genießen, in jungen Jahren waren das große Portionen, später dann noch ein Schnäpschen hinterher, das durfte auch ein Kirschwasser sein….
Das nur als Vorwort in Erinnerung an die vergangenen Zeiten. Folgende absurde Geschichte habe ich am 1. Weihnachtsfeiertag erlebt:
Ich war bei einer sehr alten Dame, die in einer vornehmen Einrichtung für ältere Menschen im Süden Deutschlands lebt. Weil dieser Feiertag gleichzeitig ihr Geburtstag ist, lädt sie ihre Familie und einige Freunde ein, mit ihr dieses Fest mit einem schönen Mittagessen zu feiern.
Man konnte zwischen den beiden Essen vom normalen Speiseplan wählen: Fleisch oder vegetarisch…..Ich hatte schon Tage vorher ein vegetarisches Essen bestellt: Wirsing mein Lieblingsgemüse, das ich mir ja als Alleinstehende nie koche. Von der salzigen Suppe mit ihren verkochten Nüdelchen aß ich ganz wenig, quasi nur anstandshalber zwei Löffelchen. Mir lief ja schon das Wasser im Mund zusammen. Mit meinem inneren Auge sah ich Schüsseln voll Wirsing, Gemüse und Kartoffeln, Platten mit Braten und das alles in freier Auswahl zur Selbstbedienung. Aber nein, es kamen Tellergerichte. Die Bedienung stellte Teller vor die Anwesenden und ich bekam nur eine winzig kleine Portion, zwei Esslöffel Wirsing mit einem halben Blätterteigstückchen. Das versetzte mich Knall auf Fall in meine Kindheit, in die Zeiten des Futterneides, in die grauslichen Nachkriegszeiten des Verzichts. Ich verlor meine Haltung und beschwerte mich, da fasste mich die Bedienung begütigend am Arm und sagte:“Frau Becker, jetzt essen Sie erst mal das auf, dann sehen wir weiter!“
Da wurde ich wieder ganz brav, bekam später noch ein paar Löffel Wirsing. Brav hörte ich zu, wie die alten Damen fast schon schwärmten:“Stellen Sie sich vor, man bekommt hier anstandslos halbe Portionen!“ „Ja für uns ist das besonders wichtig, wir können ja nichts wegwerfen!“