*1923 „Ich bin ein vorsichtiger Mensch, ich kontrollier’ alles.“
Ich bin 1923 in Hagenbach in der Pfalz geboren, das ist nicht weit weg von Karlsruhe. Meine Eltern haben ein Gasthaus und eine Metzgerei gehabt. Ich bin dort zur Schule gegangen.
Ich war 14 als meine Mutter starb, das war furchtbar: innerhalb von 2 Tagen. Sie bekam eine Hirnhautenzundung angesteckt von einem Nachbarskind, das war qualvoll.
Ich weiß nicht, warum das mein Vater nicht weitergemacht hat. Er hat alles verkauft und ist nach Karlsruhe gezogen, dort war er Filialleiter von einer großen Metzgerei, und die gibt es heute noch. Für mich war jetzt die Frage: Schule oder Beruf. Meine Mutter hatte ja Verwandte in Amerika, mit denen verstand ich mich gut, die hatten dort ein Friseurgeschäft. Die haben gesagt, wenn du fertig bist, kommst du zu uns.
Also habe ich im bekanntesten und besten Friseurgeschäft in Karlsruhe gelernt. Da hat sich sogar der Großherzog den Bart schneiden lassen, und auch die Großherzogin wurde vom Chef frisiert.
Also der Amerikatraum war dann bald zu Ende, nämlich mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, da durfte man nicht mehr nach Amerika reisen. Später habe ich meine Verwandten oft besucht, da war ich aber schon nicht mehr Friseusin.
Der Friseur in Karlsruhe hieß Wirsing & Karch, er war in der Kaiserpassage, und alle Honorationen von Karlsruhe waren bei uns Kunden. Die Damen hatten ihre eigenen Kämme in den Schachteln.
Jeden Montagmorgen habe ich zuerst Maniküre gemacht. Da kam immer ein Herr Baron (seinen Namen weiß ich nicht mehr) mit seinem Hund, den er sehr verwöhnte. Einmal ist der Hund auf ein wenig Rasierschaum ausgerutscht, der Herr Baron wollte ihn halten, da ist er auch ausgerutscht und hingefallen
Wir mussten uns das Lachen verkneifen, es sah so lustig aus. Er war gar nicht bös, er ist putzmunter aufgestanden und dann hat er sogar noch Späßle gemacht, da durften wir alle lachen.
Ganz Karlsruhe ist zu uns gekommen:
Die Inhaber der Brauerei Monninger
die Besitzer des Porzellangeschäfts Morlok in der Kaisserpassage
das Stoffgeschäft Leipheimer und Mende und das Geschäft für Nähzutaten, man kann sagen alles, was einen Namen in der Karlsruher Geschäftswelt hatte.
Ums Eck war das Museums Café, dort bin ich immer mit meiner Freundin zum Kaffetrinken am Sonntagnachmittag gegangen.
Meine Freundin war ja auch ausgebombt, wir waren fast alle ausgebombt, ich habe dann bei einer anderen Freundin in Durlach gewohnt. Bei meinem Vater konnte ich ja nicht wohnen, weil seine neue Frau mich nicht wollte, später haben wir uns aber sehr gut verstanden und sie hat mich noch oft in Lörrach besucht, manchmal wochenlang. Sie waren auch ausgebombt und wohnten in Durlach.
In Karlsruhe habe ich auch meinen Mann kennen gelernt, er kam krank und verwundet aus dem Krieg. Er hatte wie so viele eine TB und dann war da noch eine Verletzung am Fuß. Er machte dort am Zahnarzt- Institut seinen Beruf fertig.
Mit seinen Eltern habe ich mich sehr gut verstanden. Sein Vater war Ingenieur bei einer Firma, die Instrumente für Zahnärzte herstellte. Er konnte ihn also immer unterstützen.
Wir waren zwei Jahre zusammen, dann haben wir gesagt wir heiraten. Dann mussten wir aufs Gesundheitsamt, weil er mit TB gemeldet war. Dort hat man mir gesagt: „Sie wissen, dass sie einen kranken Mann heiraten?“
Ich habe ihn trotzdem geheiratet 1950, und wir waren sehr glücklich miteinander bis zu seinem Tod.
Wir haben viele schöne Reisen miteinander gemacht, wir waren oft in Afrika und auch in Mexiko.
- *1927 „Vom Kinderhaus ins Lazarett…“
- *1927 „Ich glaube, dass unser Singen die Härte unserer Ängste und Sorgen mildern konnte.“
ein Lebenslauf auf einer Seite zusammengefasst. schön !
Deine Geschichten der Nachkriegszeit häufen sich.
mach weiter. als Mit-Erleber ist das immer interessant.