Das fliegende Bett

Es gab einmal im Kreiskrankenhaus in Neustadt eine alte Frau. Vielleicht hatte sie den Verstand verloren, vielleicht hatte sie ihn aber auch gefunden, denn es geschahen ihr gar merkwürdige Dinge.

Sie blickte aus dem Fenster und sah auf eine Wand. Da füllte sich die Wand mit wundersamen Mustern.

Ihre Augen folgten den Ornamenten, Schlingen und Blättern. Da wurde sie von einer Schlinge gefangen, ins Bett gedrückt und entführt.

Rock DesigualSie schaute vom Kopfkissen hoch und blickte in die schwarzen Glutaugen eines dunkelhäutigen Mannes. Der packte mit kräftigen Händen ihr Bett, öffnete die Bremsen und ab ging es durch die Tür. Er steigerte das Tempo, schnell, schnell – links zum Lift. Er positionierte sich zwischen den drei Liften so, dass er in den zuerst ankommenden fahren konnte wie in einen Boxenstopp.

Die alte Frau schaute in die gleißende Lampe, der Anblick  vermischte sich mit dem glatt geschorenen bräunlichen Schädel des jungen Orientalen.

Als es wieder losging, legte er sich temperamentvoll in die Kurve, schnitt die Ecke zwischen Operationsbereich und Eingangshalle, stieß noch geräuschvoll an die Polsterung der zweiten Ecke und landete im letzten Stopp. Dort wechselte der Fahrer. Die Reststrecke war nur noch kurz, sehr kurz, und so landete das fliegende Bett im Ziel.

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2 Gedanken zu “Das fliegende Bett

  1. Lutz Drescher

    als Überschrift hätte wohl auch „entführt“ da stehen können. Was wissen wir was im Kopf einer alten Dam,e vor sich geht? Und ich bin gespannt, was eines Tages in meinem Kopf vor sich gehen wird. Ob ich auch Ornamente sehe?

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