Der Mann im Mond

 

Caspar_David_Friedrich_-_Zwei_Männer_in_Betrachtung_des_Mondes_(Metropolitan_Museum_of_Art)

 

 

 

 

 

 

 

Frau M. ist hundert. Sie kann noch mehrere Gedichte auswendig. Darunter ist auch das schöne alemannische Gedicht:

Der Mann im Mond      
Johann Peter Hebel  
Lueg, Müetterli, was isch im Mo? Schau M. was ist im Mond
He, sisch´s denn nit, e Ma! Ach, siehst du das nicht, ein Mann,
Jo wegerli, i sieh en scho. Na ja ich seh ihn ja schon.
Er hät e Tschöpli a. Er hat ein Jäckchen an
Was tribt er denn die ganzi Nacht, Was macht er denn die ganze Nacht,
er rüehret jo kei Glied? Er rührt ja kein Glied?
He, siehsch nit, aß er Welle macht? Siehst du nicht, dass er Reisigbündel macht
Jo, ebe dreiht er d´Wied. ja, grad macht er die Weiderute drum rum
Wär ich, wie er, i blieb dehei, Wenn ich er wär, da täte ich daheimbleiben
und machti d´Welle do. Und würd‘ meine Bündel da machen*
He, isch er denn us üser Gmei? Und ist er denn aus unserm Dorf?
Mer hen scho selber so. Wir haben schon selber genug von der Art.
Und meinsch, er chönn so, wiener well? Und glaubst du, er könnt so, wie er will?
Es wird em, was em ghört. Es passiert mit ihm das, was er verdient.
Er gieng wohl gern – der surfer Gsell Er würd wohl gern abhauen, der saubere Gesell
mueß schellerwerche dört. er muss dort Zwangsarbeit machen
Was het er bosget, Mütterli? Was hat er verbrochen, Mutter?
Wer hätt en bannt dörthi? Wer hat ihn dorthin verbannt?
Me het em gseit der Dieterli, Dieterli hat man zu ihm gesagt
e Nütznutz isch er gsi. Er war ein Nichtsnutz
Ufs Bette het er nit viel gha Vom Beten hat er nicht viel gehalten
ufs Schaffen o nit viel, Vom Arbeiten auch nicht
und öbbis mueß me triebe ha, Und irgendwas muss man ja machen
sust het ma langi Will. sonst hat man Langeweile
Drum, het en öbbe nit der Vogt Und deshalb, wenn ihn nicht gerade der Vogt
zuer Strof ins Hüsli gspert, zur Strafe eingesperrt hatte,
sen isch er ebe z´Chander ghockt, dann ist er in Kandern gesessen
und het d´Butelli gleert. und hat ein Fläschchen geleert
Je, Mütterli, wer het em´s Geld Ja Mutter, wer hat ihm das Geld
zu some Lebe ge? zu so einem Leben gegeben
Du närsch, er het im Hus und Feld Du Dummi, er hat in Haus und Feld
scho selber wüsse z´neh. schon selber gewusst, wie man nimmt.
Nernol, es isch e Sunntig gsi, Einmal, es war an einem Sonntag
so stoht er uf vor Tag, Ist er ganz früh aufgestanden,
und nimmt e Beil, und tummlet si, und hat ein Beil genommen, sich beeilt
und lauft in Lieler Schlag. und ist in den Lieler Holzschlag gelaufen
Er haut die schonstee Büechli um, Er hat schöne junge Buchen umgeschlagen
macht Bohnestecke drus, und Bohnenstecken draus gemacht,
und treit sie furt, und luegt nit um, und hat sie fortgetragen, sich nicht umgeschaut,
und isch scho fast am Hus. und fast ist er schon zu Hause
Und ebe goht er uffem Steg, Und da geht er gerade auf dem Steg
se ruuscht em öbbis für: da raunt ihm was:
Jetz, Dieter, goht´s en andere Weg! Jetzt Dieter, geht’S einen andern Weg,
Jetz, Dieter, chumm mit mir!‘ Jetzt Dieter, komm mit mir!‘
Und uf und furt, und sieder isch Und rauf und fort, und seither ist
kei Dieter wit und breit. kein Dieter weit und breit
Dört obe stoht er im Gibüsch Dort oben steht er im Gebüsch
und in der Einsamkeit. und in der Einsamkeit
Jetz haut er jungi Büechli um; Jetzt haut er junge Buchen um
jetz chuuchet er in d´Hän; jetzt haucht er in die Hände
jetz dreiht er d´Wied, und leit sie drum, jetzt dreht er die Weidenrute um das Holz
und ´s Sufe het en End. Und mit dem Saufen ist’s vorbei
So goht´s dem arme Dieterli; So geht’s dem armen Dieter
er isch e gstrofte Ma! er ist ein gestrafter Mann
O bhüetis Gott, lieb Müetterli, Behüt‘ mich Gott, liebe Mutter
i möchte´s nit mittem ha! Ich möchte nichts mit ihm zu tun haben
Se hüet di vorem böse Ding, Dann hüte dich vor allem Bösen
´s bringt numme Weh und Ach! Es bringt nur Weh und Ach
Wenn´s Sunntig isch, se bett und sing. Wenn der Sonntag kommt, dan bet‘ und sing
Am Werchtig schaff di Sach. Und am Werktag erledige deine Aufgaben.

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Einige Gedanken zu “Der Mann im Mond

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