Die Geschichte der Geschichtensammlerin

Glaube, Liebe, Hoffnung

Zum Schluss kommt die Geschichte der Geschichtensammlerin.

In dieser kleinen Geschichte liegt viel von dem alten biblischen Symbol:

Glaube – Liebe –  Hoffnung, die sollten wir nie verlieren

Olga

Eigentlich heißt sie ganz anders, sie hat einen dieser merkwürdigen lateinamerikanischen Namen, aus dem ist hier bei uns Olga geworden. Sie ist eine kleine rundliche Mulattin aus der Dominikanischen Republik.

Sie kam hierher zur Unterstützung und Hilfe, als Trost und Beistand für Maria, ihre Schwester.

Zu diesem Zweck hat ihr die Bundesrepublik ein mehrmonatiges Visum ausgestellt, denn ihre Schwester war Opfer eines schrecklichen Verbrechens geworden. Ihr erster Mann, von dem sie sich schon länger getrennt hatte, hat ihren Sohn und ihren Lebenspartner auf bestialische Weise getötet, sie schwer verletzt und dann sich selbst erhängt.

Olga kam nun in dieses fremde kalte Land, ohne eigenes Geld und ohne Sprachkenntnisse, sie hatte Mann und Kinder in  Santo Domingo gelassen. Sie hatte es hier in Deutschland nicht leicht, auch wenn es nur ein Bleiben auf Zeit sein sollte. Sie war der fremdem Umgebung ausgeliefert, erfuhr Tag für Tag das Leid ihrer Schwester. Sie schlug sich tapfer.

Trotz allem war sie ein fröhlicher Mensch, und man konnte  mit ihr lachen.

Sie kam zu mir, um mir ein wenig zu helfen. Ich wollte ihr  das Gefühl vermitteln, sich auch selbst etwas „verdient“ zu haben und nicht nur von Geschenken gelebt zu haben.

Sie war glücklich, dass ich mit ihr Spanisch sprechen konnte und dass ich auch wegen meines langen Aufenthalts in der Karibik sie verstand.

Wir sprachen über Gott und die Welt, über die Hitze dort und die Kälte hier. Dabei erzählte sie mir voller Stolz von ihrer Familie und wie sie diese wie so ein kleiner Steuermann durch die Untiefen des Geldmangels brachte.

Sie rechnete mir vor, wie sie sich von dem Geld  ein halbes Bett kaufen konnte, sie sagte auch, dass für die andere Hälfte ihr Mann sorgen müsste: Er solle das Geld in der Straße suchen, d.h. mit irgendeinem Gelegenheitsjob sich seine Betthälfte verdienen.

Wir kamen auch auf Glauben und Gott zu sprechen, ich hatte das Gespräch in diese Richtung gelenkt, weil ich hoffte ethnographische Details über die Dominikanische Republik zu erfahren: über ihren Glauben und über ihre ökonomische Situation. Eigentlich wollte ich wissen, ob sie in Notsituationen die afrikanischen Nothelfer anrief.

Aber da lag ich völlig falsch.

Olga, diese kleine rundliche Frau, sie war auch das, was wir aufgebrezelt nennen, so typisch für eine schwarze Frau aus der Karibik, Olga schaute mich also mit ihren schwarzen Augen an, lachte mit schneeweißen Zähnen und sagte:

„Es ist doch alles so einfach, der da oben im Himmel, der liebt mich, er liebt mich einfach, und wenn ich etwas brauche, dann bitte ich ihn und dann bekomme ich es auch, weil er mich einfach gern hat.“

Machte den Staubsauger wieder an und arbeitete weiter.

 

 

 

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Einige Gedanken zu “Die Geschichte der Geschichtensammlerin

  1. marita apel

    „Glaube – Liebe – Hoffnung, die sollten wir nie verlieren “ ja, das stimmt und ich bewundere Olga, wie sie so ihren Weg geht. Trotz eigener Probleme hilft sie selbstlos ihrer Schwester, und verliert dabei nicht ihre Lebensfreude.
    Wo mag sie jetzt an Weihnachten sein, bei ihrer Familie in Santo Domingo oder bei ihrer Schwester, die so dringend seelische Unterstützung braucht?

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